Mittwoch, Dezember 14, 2005

Artikel aus der Zeitung "Bulgaria Goes West": Multikulturelle Gesellschaft



Bulgaria Goes West

Deutsch-Bulgarische Zeitungswerkstatt in Berlin und Heppenheim (21 - 29. Okt. 2005)


Multikulturelle Gesellschaft

Die Welt im Alltag

Berlin Kreuzberg – die Türkei in Deutschland Wenn man ohne viel Geld auszugeben in die Türkei möchte, kann man auch nach Berlin Kreuzberg fahren: Es riecht nach Döner, man kann in türkischen Restaurants essen, Moscheen anschauen und das türkische Flair genießen. Im Bereich um das „Zentrum Kreuzberg“ kommt man mit Türkisch weiter als mit Deutsch. In Kreuzberg wohnen etwa 150.000 Menschen – jeder dritte von ihnen ist Türke. Aber wie kommt es, dass so viele Türken (und andere Ausländer) in einem Stadtteil so sehr vertreten sind wie in Kreuzberg?

Alles fing damit an, dass in Deutschland ein großer Arbeitermangel war und deswegen Arbeiter/ innen aus anderen Ländern angeworben wurden, um für ein paar Monate nach Deutschland zu kommen. Die Türkei war eines der wenigen Länder, das sich bereit erklärte, ihre Arbeiter/ innen nach Deutschland zu schicken. Die Arbeiter und Arbeiterinnen wurden nach strengen Regeln „aussortiert“ und in Wohnheimen untergebracht. Wenn ihr Vertrag (3, 9 oder 12 Monate) abgelaufen war, wurden sie wieder in ihr Heimatland geschickt. Auf die Dauer wurde das immer wieder neue Lehren der neuen Arbeiter/ innen aber zu teuer und die Unternehmen wollten diese dauerhaft anstellen. Das hatte zur Folge, dass die Arbeiter bzw. die Arbeiterinnen aus den Wohnheimen raus mussten und sich eigene Wohnungen mieten sollten. Außerdem bekamen sie das Recht,, ihre Familien nachzuholen.

Die (durch die Mauer unbeliebten) Wohnhäuser im Grenzgebiet waren sehr billig und da die ausländischen Arbeiter und Arbeiterinnen kaum Geld verdienten bezogen sie diese sehr heruntergekommenen Wohnungen. Das ist auch der Grund, weshalb nah an der Stelle, an der früher die Mauer stand, die meisten Ausländer wohnen.
Insgesamt war der Eindruck von Kreuzberg, dass dieser Stadtteil sich auf den ersten Blick gar nicht so sehr vom Rest Berlins unterscheidet.Wenn man sich jedoch genauer umsieht, bemerkt man schon ein paar Unterschiede. Zum Beispiel viele türkische Geschäfte, Dönerläden, usw. ... Bei unserem Besuch in Kreuzberg bekamen wir eine kleine Stadtführung einer hier wohnenden Türkin, die in Kreuzberg aufgewachsen ist.

Unsere Stadtführung begann am „ Zentrum Kreuzberg“, einem riesigen Gebäudekomplex (s. Bild rechts). Unsere Stadtführerin erzählte uns, dass dieses Gebäude, als es gebaut wurde, als sehr modern und komfortabel galt, weil es nicht wie sonst eine Toilette für ein ganzes Stockwerk gab, sondern eine Toilette für eine Wohnung. Außerdem gab es eine Zentralheizung, was sonst auch nicht üblich war. „Unten“ sollten Geschäfte rein, damit man auch schön einkaufen konnte. Leider vergaßen die Architekten einen Spielplatz für Kinder, und sie bedachten auch nicht, dass viele Ausländer kein Auto besaßen und somit das große Parkhaus nicht nutzen konnten. Heute leben etwa 1.000 Menschen in dem Gebäude, zwei Drittel von ihnen sind Ausländer oder Deutsche mit ausländischer Herkunft, das Parkhaus ist ein Kindergarten und einen kleinen Spielplatz gibt es seit zwei Jahren auch. Die Geschäfte stehen leer (zu hohe Mieten), in den Gängen des Komplexes hängen nachts und abends Drogenabhängige rum und der Hausverwaltung fehlt Geld zur Sanierung des Gebäudes.

Als nächstes wurde uns erzählt, dass es in der Türkei (und eben auch hier) viele so genannte „ Männercafés“ gibt, wo sich die Männer treffen können, Tee trinken und Karten spielen können. Natürlich ist es auch Frauen erlaubt hierher zu gehen, aber das ist eher selten der Fall. Im Gegensatz dazu ist es Männern nicht gestattet in die „Frauencafés“ zu gehen. Dort treffen sich Türkinnen, um zu reden, Handarbeiten zu machen oder um Schutz zu suchen, wenn sie von ihrem Mann misshandelt werden oder wenn sie Probleme haben. Probleme gibt es auch bei den Jugendlichen in Kreuzberg. Zum Beispiel tun sich viele Jugendliche schwer damit, dass Türkischunterricht in der Schule lediglich nachmittags oder zur „ nullten“ Stunde unterrichtet wird. Immerhin wird es überhaupt unterrichtet, denn unsere Stadtführerin erzählte uns, dass ihr im Kindergarten verboten wurde türkisch zu reden, weil sie deutsch lernen sollte.

Dadurch, dass Kreuzberg, das sich in zwei Teile – SO36 und Kreuzberg 61 (die Namen haben ihren Ursprung aus Postleitzahlen) – teilen lässt, eng bebaut ist, gibt es hier kaum Grünflächen oder Plätze, an denen Kinder spielen können. Alles in Allem ist Kreuzberg ein schöner, aber heruntergekommener Stadtteil, in dem einem mehr Ausländer als Deutsche begegnen und in dem man sich wohlfühlen kann. Das Essen beim Türken ist super und der Geruch nach türkischem Essen unbeschreiblich.


1 коментара:

Anonym hat gesagt…

Guter Artikel, könnte aber noch vielschichtiger sein!